„Trutzburg“ auf dem Feld
von Michael Thalken, Kölner Stadt-Anzeiger, 12.01.2008Mechernich-Wachendorf - Auf der Rangliste der europaweiten Aufmerksamkeit, die der Stadt Mechernich bislang zuteil wurde, scheint Bruder Klaus langsam aber sicher Wulf-Dietrich Simon vom ersten Platz zu verdrängen. Simon ließ bekanntlich 2004 das kleine Dorf Strempt zum einzigen Ort in Deutschland werden, in dem ein (symbolischer) Volksentscheid über die europäische Verfassung stattfand. Damit gelang ihm, dass sich plötzlich ganz Europa für den aufmüpfigen 950-Seelen-Ort interessierte. Wurde dieses Interesse aber vor allem in den Medien laut, so haben Bruder Klaus und seine in Wachendorf erbaute Kapelle doch längst den Einstieg in dauerhaftere Geisteserzeugnisse gefunden, was ihnen auch noch in einigen Jahren hohe Aufmerksamkeit sichern dürfte.
„Züge eines Wunders“
Doch natürlich begann auch der „Triumphzug“ der Kapelle zunächst mit (Kirchen)Zeitungsberichten, Radioreportagen und Fernsehsendungen aus dem regionalen Raum. Bald aber zogen die überregionalen Medien nach. Selbst die ansonsten eher dem Säkularen zugetane TAZ (alternative Berliner Zeitung) schwärmte bereits beim Bau der Feldkapelle, dass das, „was sich hier gegen den Himmel abzeichnet, schon jetzt die Züge eines Wunders trägt“. Die Frankfurter Allgemeine (FAZ) unternahm daraufhin eine „Wallfahrt nach Wachendorf“ und widmete der Kapelle ein ausführliches Feuilleton, in dem das Bauwerk als „trutzig und erhaben“ geschildert wird, das dennoch in seiner Eigenheit und seinen Proportionen „Rücksicht auf die grüne, wellige Landschaft“ nehme.
Schon bald sind auch andere große Zeitungen begeistert: Die Wochenzeitung „Die Zeit“ preist den „Turm in der Eifel“ sowohl im Inneren als auch von der Fassade her als „spektakulär“. Die „Neue Zürcher Zeitung“ sieht in der Kapelle eine „Trutzburg“ und „Höhle“ und ist gefesselt „von der archaischen Wucht des Innenraums“. Die Zeitschrift „Stern“ zeigt auf ihrer Homepage einige Bilder der Kapelle. Die Sendung „WestArt“ stellte den Bau als ein „Meisterwerk“ vor, ebenso die renommierte Kunstzeitschrift „ART“.
Auch Architekturzeitschriften im In- und Ausland nehmen sich der Zumthor-Kapelle gerne an. Ob das Fraunhofer Informationszentrum „Raum und Bau“, ob „Bauwelt“ oder die Zeitschrift des Bundes Deutscher Architekten, die in dem Bauwerk zwar „ein bisschen zu viel Mystik, ein bisschen zu viel Heidegger, ein bisschen zu viel Materialmetaphorik“ zu erkennen glaubt, dennoch aber „die einfache, landschaftlich gebundene Sprache“ der Kapelle lobt. Die Architektenkammer NRW hat die Kapelle denn auch längst in ihren „Führer zur Architektur und Ingenieurbaukunst in NRW“ aufgenommen.
Selbst die Deutsche Zement- und Betonindustrie stellt sich in den Kunstschatten des Wachendorfer Bauwerks, schließlich haben dort der Bauherr und seine Freunde drei Wochen lang Beton gestampft. Das Ministerium für Schule und Weiterbildung hat sich des Gotteshauses ebenfalls angenommen und schlägt zwecks Horizonterweiterung einen Besuch desselben vor. Die didaktischen Qualitäten der Zumthor-Architektur wurden des Weiteren vom Schulbuchverlag Schroedel entdeckt, der die Kapelle gewissermaßen als Allgemeinbildung zu vermitteln sucht.
Besonders aber den Schweizern hat es der Sakralbau auf dem Felde angetan. Schließlich ist Bruder Klaus (Niklaus von Flüe) der einzige Heilige der Schweiz. Der Schweizer Wallfahrtsort Sachseln schwärmt gar in einem seiner letzten Rundbriefe: „Wer sich auf die Kapelle einlässt, dem erschließt sich die Welt von Bruder Klaus - aber auch die eigene.“
Bauten und Projekte
Das renommierte Kunsthaus Bregenz widmete unterdessen dem Eidgenossen Peter Zumthor noch 2007 eine Retrospektive seiner Bauten und Projekte von 1986 bis 2007, und selbstverständlich wurde dort auch die Wachendorfer Kapelle dem internationalen Kunstpublikum vorgestellt. Für den August will darüber hinaus die Schweizerische St. Lukasgesellschaft für Kunst und Kirche in der Eifel anreisen.
Längst erfreut sich die Kapelle regional großer Beliebtheit. Die Geo-Cacher Lothar Peter und sein Team „Eifelwanderung“ haben in der Nähe der Kapelle einen Cache versteckt. Das ist ein kleiner Schatz, der vermittels eines GPS-Empfängers gefunden werden muss. Zahlreiche Mitspieler, die sich schon auf die Suche begaben, schwärmten im Nachhinein im Internet vom Gotteshaus: „Die Kapelle ist echt schräg“, „auf jeden Fall eine Reise wert“, „ein interessantes Fleckchen“, „ein faszinierendes Bauwerk“, „tolle Architektur“, „schöner Einfall“, „interessante Location“.
Zum Schluss sei auch Karl Schiesberg, der Wirt des „Weiße Holunder“ in Köln, genannt. Der ist ein echter Fan der Kapelle und hat einen „Freundeskreis Feldkapelle“ gegründet. Jedem interessierten Gast händigt er eine Anfahrtsskizze für Wachendorf aus. Schiesberg versteht allerdings, dass die Wachendorfer mit den profanen Folgen des Sakralbaus so ihre Probleme haben. Die Besucher bekommen daher neuerdings Verhaltensregeln mit auf den Weg, damit diese weder durch falsches Parken die Anwohner verärgern, noch durch falsches Benehmen die Betenden im Gotteshaus stören.