Hitchcock-Szenen in Floisdorf
von MICHAEL THALKEN, Kölner Stadt-Anzeiger, 20.07.2006Eigentlich kann ein Star ja gar nicht einzigartig genug sein. Das Bad in der Menge ist zumindest bei der menschlichen Variante dieser Spezies eher die Ausnahme. Ganz anders in der Vogelwelt: Dort fällt der Star schon seit jeher durch sein ausgeprägtes Sozialverhalten auf.
Schon im Frühling, wenn er aus wärmeren Gefilden zu uns kommt, um hier zu brüten, erlebt man ihn meist nur als schwatzhafte Reisegruppe. Nur wenn die Tiere sich zur Brut zurückziehen, dann brauchen sie ihre Ruhe und leben sehr territorial. Ein kleiner Radius von bis zu zehn Metern rund um die Bruthöhle wird mit Schnabel und Krallen verteidigt. Die Nahrungsflächen hingegen nutzt man auch weiterhin in trauter Gemeinsamkeit; und wer gerade nicht brütet, der marodiert im kleinen Kollektiv durch die Gärten, Obstplantagen und Rübenfelder des nahen Umlands.
Wenn die Jungvögel ab Mitte Juni flügge werden, dann bilden sie sofort Schwärme und versammeln sich mehr und mehr in nahrungsreichen Gebieten. Derzeit erreichen diese Schwärme ihr Maximum an Individuen. Zum einen, weil auch die letzten Nachzügler das heimische Nest verlassen haben. Zum anderen, weil bereits der erste Zwischenzug der Jungvögel aus den nordöstlichen Populationen eingesetzt hat.
Schön zu erleben ist die gigantische Familienzusammenführung derzeit auf den Feldern rund um Floisdorf. Während eines Abendspaziergangs hat Fotografin Ingrid Peter aus Satzvey dieses Naturschauspiel mit der Kamera festgehalten. Wenn die Tiere lange genug in der Abendsonne ihre Flugkünste gezeigt haben, dann suchen sie sich einen gemeinsamen Schlafplatz. Beliebt sind Bäume und dichte Strauchgruppen. Aber auch Stadtzentren werden nicht verschmäht. So ist beispielsweise bekannt, dass sich jedes Jahr gut 40 000 Stare am Berliner Dom einfinden. Erst Ende Oktober, in kalten Jahren auch schon etwas eher, machen sich die Vögel dann auf, um gemeinsam die Reise in den Süden anzutreten.